Ausbinder, Chambon, Dreieckszügel, Gogue, Halverlängerer, Laufferzügel, Martingal, Schlaufzügel, Stoßzügel, Thiedemannzügel
Welcher Hilfszügel
wann und warum
Viele Reiter lehnen jegliche Form von Hilfszügeln ab. Letztlich ist
die Verwendung von Hilfszügeln, in welcher Forma auch immer, ein Eingeständnis
an das eigene Unvermögen. Die klassische Reitweise besagt, dass das Pferd
aus dem korrekten, geschmeidigen und geschlossenen Sitz des Reiters durch seine
treibende Einwirkung über den schwingenden Rücken an die Hand herangeritten
werden muss. Bei jungen Pferden bzw. in der Lösungsphase geschieht dies
in einer betonten Dehnungshaltung, ähnlich dem "Zügel aus der
Hand kauen lassen". In der weiteren Ausbildung sollte sich das Pferd in
einer natürlichen und zwanglosen Selbsthaltung bzw. bei noch weiter ausgebildeten
Pferden in relativer Aufrichtung, die dem Versammlungsgrad entspricht, präsentieren.
Ideal wäre es sicherlich, wenn man als Reiter ohne den Einsatz von Hilfszügeln zurecht käme. Es können sich aber immer wieder einmal Situationen ergeben, in denen bei der Ausbildung des Reiters bzw. des Pferdes oder bei Korrekturpferden ein geeigneter Hilfszügel von Vorteil sein kann. Besonders bei der Ausbildung des Reitanfängers erleichtert der Hilfszügel die Einwirkung auf das Pferd. Auch das Pferd wird, wenn man es in der Anfängerausbildung einsetzt, bei richtiger Verwendung eines Hilfszügels weder Probleme in seiner Rittigkeit noch Schäden in seiner Gesundheit, z.B. im Rücken, erleiden.
Welcher Hilfszügel geeignet
ist, kann im Grunde nur ein erfahrener Ausbilder beurteilen. Grundsätzlich
kann man sagen, dass der Hilfszügel zu wählen ist, der keinen Zwang
auf das Pferd ausübt, von Seiten des Reiters gut zu handhaben ist und möglichst
bald wieder abgenommen werden kann.
Ausbinder
Ausbinder
bestehen aus schmalen, ca. 1,50 m langen Riemen die im vorderen Drittel ein
Gummiring eingelassen haben, der den Ausbinder elastisch machen soll. Sie
bringen ein Pferd dazu, im Genick nachzugeben und vertrauensvoll ans Gebiss
anlehnen, es annehmen, sich dort aufstützen. Reitanfängern geben die
Ausbinder Gelegenheit, sich zunächst auf ihren Sitz zukonzentrieren. Das
Pferd soll sich. Allerdings sollten sie nicht zu kurz verschnallt werden und
nicht länger als 45 Minuten benutzt werden, um Verkrampfungen zu vermeiden.
Ausbinder werden normalerweise auf gleicher Höhe am Longiergurt oder am
Sattelgurt befestigt. In der korrekten Vorwärts-Abwärts-Haltung soll
die Stirnlinie etwas vor der Senkrechten sein. Was die Länge der Ausbinder
angeht, so sollte man vorsichtig sein und sie lieber zu lang als zu kurz schnallen.
Grade bei jungen Pferden muss zu Anfang verhältnismäßig lang
geschnallt werden. Beim ersten Mal sollten sie auf beiden Seiten so lang sein,
dass das Pferd sie nur spürt, wenn es sich mit langem Hals ans Gebiss heran
lehnt. Erst wenn es zufrieden vorwärts geht, können die Ausbinder
kürzer geschnallt werden. Wenn die Ausbindezügel anstehen, verengt
sich automatisch der Pferdehals, wenn das Pferd die gewünschte Haltung
verlässt. So lernt es frühzeitig, dem Zügel nachzugeben.
Nachteil: Mit Ausbindern kann
sich ein Pferd nur begrenzt dehnen und seine Muskulatur nicht voll entspannen.
Bleibt das Pferd längere Zeit ausgebunden besteht die Gefahr von Verkrampfungen.
Zu kurz geschnallte Ausbinder wirken rückwärtig und somit hemmend
auf die Rückentätigkeit der Pferde. Sie üben zu viel Druck aus,
so dass die Pferde dazu neigen sich gegen den Ausbinder zu legen, um den störenden
Druck durch Gegendruck abzuschwächen oder öffnen das Maul, um dem
unangenehmen Druck zu entkommen.
Chambon
Das Chambon besteht aus einem kleinen Kopfstück, das unter das Genickstück
der Trense geschnallt wird. An den Enden sind jeweils Ringe angebracht. Hierbei
handelt es sich um einen Hilfszügel, der zwischen den Vorderbeinen
am Gurt befestigt wird. Er teilt sich dann und führt zu einem Genickstück
am Trensenzaum, wo er dann an die besagten Ringe läuft und dann ins Gebiss
eingeschnallt wird. Bei erhobenem Kopf des Pferdes steht das Chambon an und
drückt auf das Genick. Es gibt nach, wenn das Pferd den Hals fallen lässt.
Bei sachgerechtem Einsatz - wozu auch gehört, das Pferd vorsichtig mit
diesem Hilfszügel vertraut zu machen - hilft es, Pferde zur Dehnungshaltung
zu bringen, ohne dass sie dabei im Hals zu eng werden. Die Wirkung beruht vor
allem darauf, dass das Pferd konsequent merkt, dass der Druck im Maul sofort
nachlässt, wenn es den Hals fallen lässt. Das Pferd lernt schnell,
sich vorwärts-abwärts zu dehnen. Zusammen mit einer aktiv untertretenden
Hinterhand wird die entsprechende Rückenmuskulatur gekräftigt und
geschmeidig gehalten. Es beruhigt besonders nervöse und leicht erregbare
Pferde, weil diese keine seitliche Einengung erfahren.
Nachteil: Das Pferd findet keine Anlehnung, kann seitlich über die Schulter ausfallen. Ein großer Nachteil des Chambons ist, dass das Pferd sich nach vorwärts-abwärts streckt, jedoch ohne im Genick nachzugeben.
Dreieckszügel
Der
Dreieckszügel läuft vom Gurt zwischen den Vorderbeinen hindurch durch
die Trensenringe zum Gurt. Sie werden zwischen den Vorderbeinen des Pferdes
befestigt und laufen dann durch den Trensenring zurück zum Gurt, wo sie
jeweils in Höhe des Buggelenks verschnallt werden. Dieser Hilfszügel
eignet sich sehr gut für Pferde, denen es schwer fällt, sich vorwärts-
abwärts zu dehnen. Er bietet jedoch keinen seitlichen Halt. Beim Verschnallen
sollte die Nasenlinie kurz vor der Senkrechten bleiben
Nachteil: das Pferd kann keine Anlehnung finden. Ein Herantreten an das
Gebiss und Nachgeben im Genick wird wenig gefördert. Das Pferd kann sich
"verkriechen".
Gogue
Das Gouge ist dem Chambon sehr ähnlich. Das Gogue besteht aus einem ledernen
Riemen der vom Gurt zwischen den beiden Vorderbeinen des Pferdes hindurchläuft.
Auf Brusthöhe teilt er sich in zwei Nylonschnüre die jeweils zu einem
Ring an einem speziellen Zusatzstück am Genickriemen laufen. Sie werden
durch diesen hindurch gezogen und laufen von dort aus durch die Gebissringe
wieder zurück zu dem Lederriemen, wo sie wieder eingehakt werden. Bei erhobenen
Kopf entsteht Druck auf das Genick und Zug an der Trense. Wenn das Pferd den
Hals fallen lässt, lässt gleichzeitig der Druck nach.
Nachteil: Eine Fehlhaltung mit hohem Genick und eingezogener Stirnlinie
ist möglich
Halsverlängerer
Der Halsverlängerer besteht aus einer stabilen, aber elastischen Gummischnur
an der am Ende Karabinerhaken angebracht sind. In der Mitte der Schnur ist eine
Einstellschlaufe, die für die Einstellung unterschiedlicher Längen
benötigt wird.
Nachteil: Die Pferde weichen nach rückwärts-einwärts aus
und "verkriechen sich" Sie können einen falschen "Knick"
im Hals bekommen.
Laufferzügel
Laufferzügel sind ein Zügelpaar von ca. 2,80 m Länge. Beide Enden
des Zügels werden zum Beispiel am Bauchgurt des Sattels befestigt und dann
zwischen den Vorderbeinen des Pferdes hindurch durch die Trensenringe geführt.
Oder 2. Vom Vorderzwiesel des Sattels aus durch die Trensenringe und zurück
bis unterhalb des Sattelblatts.
Wirkung ist ähnlich wie bei den oben beschriebenen Ausbindern.
Nachteil: Wie Ausbinder.
Martingal
Entgegen
vielfacher Meinung kann ein Martingal eine hohe Kopfhaltung nicht verhindern.
Allerdings schützt es das Maul des Pferdes vor zu harter oder unruhiger
Hand des Reiters beispielsweise beim Springen oder im Gelände. Bei Anfängern
auch beim Leichtraben. Das Martingal hilft dem Pferd beizubringen, mit senkrechter
Nase in einer angenehmen, flachen Kopfhaltung zu gehen, ohne dass von Seiten
des Reiters aus fortwährend am Zügel hantiert werden muss. Wenn das
Pferd in die gewünschte Kopfhaltung geht, spürt es das Martingal nicht
mehr. Erst wenn sich das Pferd wieder aus dieser Position herausbegibt, kommt
der Hilfszügel erneut zum Einsatz.
Nachteil: Wenn das Martingal zu kurz eingestellt ist, wirkt es ähnlich
wie ein Stosszügel.
Schlaufzügel
Manche
Pferde lassen das "Ziehen" einfach nicht. Man kann machen was man
will. Hier hilft dann der Schlaufzügel. Es ist ein gezielter Kraftverstärker
und sorgt für sichere Kontrolle und leichtere Handhabung solcher stürmender
Pferde.
Der Zügel wird über den Hals gelegt, dann von außen nach innen
durch die Trensenringe geführt und anschließend zwischen den Vorderbeinen
am Sattelgurt befestigt. Sie können aber auch seitlich verschnallt werden.
Dann laufen die Zügel allerdings von innen nach außen durch die Trensenringe
zur Reiterhand.
Ähnlich eines Flaschenzuges verdoppeln sie durch die Hebelwirkung die Kraft
des Reiters im Pferdemaul. Nachteil: Das allerdings birgt die Gefahr,
das Pferd einfach in eine verkrampfte Zwangshaltung zu "ziehen".
Stoßzügel
Ein einzelner Lederriemen oder wie beim Westernreiten ein flexibles Gummi wird
vom Sattelgurt zu den Trensenringen verschnallt und sollte die Nasenlinie kurz
vor der Senkrechten stoppen. Er soll dem Pferd die Grenzen seiner Bewegungsmöglichkeiten
zeigen. Der Stoßzügel behindert das Pferd bei der seitlichen Biegung.
Soll verhindern, dass das Pferd mit Kopf und Hals zu hoch kommt.
Nachteil: Abwärtsweisende Wirkung. Hand. Das Pferd reagiert anfangs
mit Gegendruck wird aber dann nachgeben, allerdings ohne eine Anlehnung zu finden.
Langfristig führt der Stoßzügel zu einer unerwünscht starken
Ausprägung der Unterhalsmuskulatur.
Thiedemannzügel
Der Thiedemannzügel wird am
Sattelgurt befestigt und zwischen den Vorderbeinen durchgeführt. Auf Höhe
der Vorderbrust teilt er sich in 2 Enden an denen jeweils ein Karabinerhaken
angebracht ist. Diese Enden werden von innen nach außen durch die Trensenringe
geführt und in die auf den Trensenzügeln aufgebrachten Ösen eingehakt.
Zunächst wird der Thiedemannzügel so verschnallt, dass er leicht ansteht und sich die Stirnlinie des Pferdes etwa eine Handbreit vor der Senkrechten befindet.
Wenn der Reiter soweit ist, sein Pferd größtenteils durchs Genick zu reiten, kann der Zügel eine Öse weiter nach vorne in Richtung Pferdemaul geschnallt werden. In dieser Verschnallung ist er dann grundsätzlich ausgeschaltet und hat nur noch eine Kontrollfunktion.
Beim Zügel-aus-der-Hand-kauen-lassen gestattet der Thiedemannzügel die Dehnung des Pferdes vorwärts-abwärts.
Ein Einsatz von Thiedemannzügel setzt von Seiten des Reiters einen ruhigen Sitz und eine davon unabhängige Zügelführung voraus. Ein großer Vorteil des Thiedemannzügels ist es, dass er sich vollkommen ausschaltet wenn sich das Pferd loslässt und im Genick nachgibt. Außerdem ermöglicht er dem Reiter, das Pferd auch vorwärts-abwärts in Dehnungshaltung zu reiten.
Nachteil: Wenn der Reiter eine noch unruhige Hand hat, kann er das Pferd in der Balance erheblich stören.